Kopf
Der "Große Vaterländische Krieg"

Auf militärischer Seite wurde der Krieg zwischen Hitlerdeutschland und der Sowjetunion auf äußerst grausame Weise geführt. Von deutscher Seite aus war der Krieg von Anfang an als Vernichtungskrieg geplant. In Polen, auf dem Balkan und in der Sowjetunion sollte die slawische Bevölkerung um etwa 30 Millionen Menschen dezimiert werden. Die verbleibende Bevölkerung sollte vertrieben oder versklavt werden. Die deutsche Führung nahm den millionenfachen Hungertod sowjetischer Kriegsgefangener und Zivilisten bewusst in Kauf und ließ sowjetische Militärangehörige, insbesondere Offiziere und Kommissare im Rahmen des „Kommissarbefehls“ systematisch ermorden. In der Richtlinie des Oberkommandos der Deutschen Wehrmacht vom 6. Juni 1941 heißt es dazu: Die politischen Kommissare
sind aus den Kriegsgefangenen sofort, d.h. noch auf dem Gefechtsfelde, abzusondern. Dies ist notwendig, um ihnen jede Einflussmöglichkeit auf die gefangenen Soldaten zu nehmen. Diese Kommissare werden nicht als Soldaten anerkannt; der für Kriegsgefangene völkerrechtlich geltende Schutz findet auf sie keine Anwendung. Sie sind nach durchgeführter Absonderung zu erledigen."

In einer weiteren Richtlinie des Oberkommandos der Wehrmacht wurde am 8. September 1941 die Behandlung aller sowjetischen Kriegsgefangenen festgelegt:
„Der Bolschewismus ist der Todfeind des nationalsozialistischen Deutschlands. Zum ersten Male steht dem deutschen Soldaten ein nicht nur soldatisch, sondern auch ein politisch im Sinne des volkszerstörenden Bolschewismus geschulter Gegner gegenüber. Der Kampf gegen den Nationalsozialismus ist ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Er führt ihn mit jedem ihm zu Gebote stehenden Mittel: Sabotage, Zersetzungspropaganda, Brandstiftung, Mord. Dadurch hat der bolschewistische Soldat jeden Anspruch auf Behandlung als ehrenhafter Soldat nach dem Genfer Abkommen verloren.

Es entspricht daher dem Ansehen und der Würde der Deutschen Wehrmacht, dass jeder deutsche Soldat dem sowjetischen Kriegsgefangenen gegenüber schärfsten Abstand hält. Behandlung muss kühl, doch korrekt sein. Jede Nachsicht und sogar Anbiederung ist strengstens zu ahnden. Das Gefühl des Stolzes und der Überlegenheit des deutschen Soldaten, der zur Bewachung sowjetischer Kriegsgefangener befohlen ist, muss jederzeit auch für die Öffentlichkeit erkennbar sein. Rücksichtsloses und energisches Durchgreifen bei den geringsten Anzeichen von Widersetzlichkeit, insbesondere gegenüber bolschewistischen Hetzern ist daher zu befehlen. Widersetzlichkeit, aktiver oder passiver Widerstand muss sofort mit der Waffe (Bajonett, Kolben und Schusswaffe) restlos beseitigt werden. Die Bestimmungen über den Waffengebrauch der Wehrmacht können nur beschränkt gelten, da sie die Voraussetzungen beim Einschreiten unter allgemein friedlichen Verhältnissen geben. Bei den sowjetischen Kriegsgefangenen ist es schon aus Disziplinargründen nötig, den Waffengebrauch sehr scharf zu handhaben. Wer zur Durchsetzung eines gegebenen Befehls nicht oder nicht energisch genug von der Waffe Gebrauch macht, macht sich strafbar. Auf flüchtige Kriegsgefangene ist sofort ohne vorherigen Halteruf zu schießen. Schreckschüsse dürfen niemals abgegeben werden. Die bisher bestehenden Bestimmungen... werden insoweit aufgehoben. Auf der anderen Seite ist Willkür untersagt. Der arbeitswillige und gehorsame Kriegsgefangene ist korrekt zu behandeln. Vorsicht und Misstrauen dem Kriegsgefangenen gegenüber ist jedoch niemals außer Acht zu lassen. Waffengebrauch gegenüber sowjetischen Kriegsgefangenen gilt in der Regel als rechtmäßig.“


Mit dem „Kriegsgerichtsbarkeitserlass“ vom 13. Mai 1941 ordnete das Oberkommando der Wehrmacht außerdem an, dass Straftaten von Zivilpersonen, die in den Ostgebieten gegen die Deutsche Wehrmacht gerichtet waren, nicht durch ordentliche Verfahren vor Standgerichten oder Kriegsgerichten verhandelt werden durften. Vielmehr sollten flüchtende Personen unverzüglich, Tatverdächtige auf Geheiß eines Offiziers erschossen werden. Wehrmachtsangehörige mussten nicht damit rechnen, sich nach einem Übergriff auf Zivilisten vor einem Militärgericht verantworten zu müssen.

Gefangene Partisanen oder als Partisanen Verdächtige wurden hingerichtet. Häufig folgten Partisanenangriffen brutale Bestrafungsaktionen, sogenannte „Sühnemaßnahmen“, gegen die Zivilbevölkerung. Unter dem Tarnmantel der sogenannten Partisanenbekämpfung wurden auch weitere unliebsame Personen liquidiert.

Am 22. Juni 1941 rief die sowjetische Führung den „Großen Vaterländischen Krieg“ aus und befahl ihren Truppen den Gegenangriff.


Ende Juni 1941 wurde das Plakat „Die Mutter Heimat ruft dich!“ veröffentlicht. Im Textteil unten links war der Fahneneid der Roten Armee abgedruckt.



Trotz teilweise erbitterter Gegenwehr der Roten Armee konnte die Deutsche Wehrmacht in den ersten Kriegswochen große Raumgewinne erzielen.

Dabei war das Gebiet der heutigen Ukraine von Anfang an einer der Hauptkriegsschauplätze und im Laufe des Krieges eine derjenigen sowjetischen Regionen, die am meisten unter dem Krieg und seinen Folgen zu leiden hatten. Bereits vom 23. bis 29. Juni 1941 fand im Raum Dubno – Luzk – Brody – Rivne eine der größten Panzerschlachten des Zweiten Weltkriegs statt. Es war die gleiche Gegend, wo bereits im Ersten Weltkrieg während der Brussilow-Offensive und im polnisch- bolschewistischen Krieg heftige Kämpfe getobt hatten. Drei Jahre später wurden hier im „Kessel von Brody“ acht deutsche Divisionen von der Roten Armee vollständig vernichtet.


Brachland zwischen Brody und Radyviliv, das bis heute übersät ist mit den Überresten toter Soldaten mehrerer Kriege im 20. Jahrhundert.



Dass der oft grausame Umgang mit Kriegsgefangenen kein ausschließlich deutsches Phänomen war, zeigen die Berichte von Kampfhandlungen, die im unmittelbaren zeitlichen Anschluss an die Panzerschlacht bei Dubno – Luzk – Brody – Rivne vom 23. bis zum 29. Juni 1941 im Gefechtsgebiet stattfanden und die in Kopie bei der Stadtverwaltung Rivne vorliegen:

„Broniki – Der Opfergang des II./IR 35: 165 Tote

Die Sicherungsaufstellung, die die Div. am 29.6. um 15 Uhr von der 13. Pz.-Div. übernahm, zog sich eng um die Stadt und richtete sich gegen Süden, Osten und Nordosten. Aus Gegend Klewan nach Südosten zurückgehender Feind unterbrach jedoch sehr bald die Straße Dubno – Rowno, so daß die Div. sich auch hiergegen nach Südwesten wenden mußte. Für den 30.6. erhielt sie den Korpsbefehl, die Sicherungsaufstellung nach Osten zu erweitern. Dazu war, wie vorangehend geschildert, das Rgt. 119 eingesetzt. Am gleichen Tag erhielt die Div. zusätzlich den Auftrag, mit einem verstärkten Btl. Im Nordwesten den Ort Klewan in Besitz zu nehmen. Gegen diesen zusätzlichen Auftrag erhob die Div. ernste Bedenken. Er zwang der Div. zu den beiden Angriffsrichtungen (Ost und Südwest) nun noch eine dritte (Nordwest) und damit eine riskante Zersplitterung auf. Zudem schien ihr angesichts der ungeklärten Feindlage und des unüberschaubaren, deckungsreichen Geländes die vorgeschriebene geringe Stärke der anzusetzenden Kräfte nicht vertretbar. Das Korps beharrte auf seinem Befehl. Zur Ausführung wurde das verstärkte II./IR 35 (mot.) eingesetzt. Welches Schicksal dieses Btl. erlitt, macht die Meldung der Div. deutlich, die ohne jede Änderung wiedergegeben wird:

25. Inf. Division (mot.)
Kommandeur

Div.Gef.Std., den 5.7.41

BEZUG:
BETR.:
Funkspruch vom 4.7.41, 10,05 Uhr
Ermordung deutscher Gefangener

An Generalkommando (mot.) III A.K.

Das verstärkte II./IR35 (mot.) (Kommandeur: Hauptmann Dr. Keller) hatte den Auftrag, am 30.6.41 von Rowno auf der Straße Rowno – Luck auf Klewan vorzustoßen und diesen Ort zu halten. Der Angriff des Btls. war am Morgen des 1.7. unter ständig zunehmendem Feindwiderstand und Artl.-Feuer bis etwa 1,5 km ostwärts der Straßengabel nordostwärts Klewan vorangekommen. Wegen ständig sich steigerndem Feinddruck aus dem Wald nordostwärts Klewan entschloß sich der Btl.-Kommandeur gegen Mittag, auf die Höhen nordwestlich Broniki zurückzugehen und sich dort vorerst zur Verteidigung einzurichten. Während diese Bewegung planmäßig unter Sicherung beider, besonders der stark bedrohten rechten Flanke (hierfür 7. Komp. angesetzt) unter erheblichem Frontaldruck durchgeführt wurde, griff der Russe aus den Wäldern nordwestlich Orzew in Stärke von mindestens 2 Btln. und 15 Panzern an. Er hatte dort anscheinend in einer Stärke, die nach der Lage nicht erwartet werden konnte, gestanden. Infolge des Geländes ungesehen, gelangte der Angriff über Adamkowskie und Grabow an die Hauptstraße und damit in den Rücken des Btl. Trotz tapferster Gegenwehr zerbrach vor diesen überlegenen Kräften die rechte Flankensicherung. Dadurch wurden Teile des Btl., insbesondere der 7. Komp. eingeschlossen und lagen von allen Seiten unter Feuer. Nachdem die Truppe ihre Munition verschossen hatte, geriet sie in Gefangenschaft. Die Teile des Btl., die sich der Einschließung entziehen konnten, und die kämpfend auf eine neue HKL auswichen, mussten ihre nichtmarschfähigen Verwundeten auf dem Gefechtsfeld zurücklassen. Ein von der Division am Abend des 1.7. angesetzter und am Morgen des 2.7. durchgeführter Gegenangriff des verstärkten IR 35 (mot.) brachte das Gefechtsfeld vom 1.7. wieder in deutsche Hand. Es wurde sofort eine Besichtigung des Gefechtsfeldes durch den Kriegsgerichtsrat Dr. Heinrich (Kriegsgericht der 25. Inf.Div. (mot.) angeordnet.

Aus den Aussagen mehrerer Soldaten, die nach der Gefangennahme hatten entweichen können ergibt sich:
1.) Die Verwundeten wurden von den Russen sofort durch Pistolen- und Gewehrschüsse, Schläge mit Kolben und Spaten und Stiche mit dem Seitengewehr getötet. Die Leichen zeigen, daß das in viehischster Weise geschehen ist.
2.) Den anderen Gefangenen wurde sofort bedeutet, die gesamte Ausrüstung, Stiefel, Feldbluse und Hemd abzulegen. Ihr Privateigentum wurde ihnen abgenommen. Wer der Anordnung nicht sofort nachkam, wurde durch Pistolenschüsse, Seitengewehrstiche und Schläge mit dem Gewehrkolben getötet oder verwundet. Die so entkleideten Gefangenen (etwa 170 – 200) wurden abseits der Straße auf einen Kleeacker geführt. Ein Teil von ihnen, etwa 20 Mann, die Dienstgradabzeichen trugen, wurde gefesselt und getrennt den übrigen aufgestellt. Vor sie trat eine Gruppe von einigen Offizieren oder Polit-Kommissaren. Einer von ihnen hielt an die anderen Russen eine Ansprache und schoß am Schluß mit der bereitgehaltenen Pistole drei Gefangene nieder. Daraufhin setzte eine wilde Schießerei auf die Gefangenen ein, die sich auch auf die andere größere Gruppe richtete. Einigen der Gefangenen gelang es, zu entfliehen und trotz des Gewehr- MG und MP- sowie Artl.-Feuers, das sie verfolgte, die deutschen Truppen zu erreichen. Die meisten aber wurden am Tatort oder bei dem Fluchtversuch getötet.

Bei der Besichtigung des Tatortes wurden 153 Tote gefunden.

Es waren:
34 bekleidet und im Besitz ihrer vollen Ausrüstung; nach der Art ihrer Verwundung ist anzunehmen, daß sie verwundet waren und von den Russen getötet worden sind.

29 mit entblößtem Oberkörper und z.T. ohne Stiefel; sie gehörten bestimmt zu den erschossenen Gefangenen,

39 noch mit Hemd und Hose, teilweise auch mit Stiefeln bekleidet; auch bei ihnen ist mit Sicherheit anzunehmen, daß sie als Gefangene erschossen worden sind, ehe sie sich, wie die vorige Gruppe, entkleidet hatten.

16 mit entblößtem Oberkörper und gefesselten Händen. Sie gehörten der besonderen Gruppe erschossener Gefangener mit Dienstgradabzeichen an.

14 weitere Tote, die im hohen Korn südlich der Mordstelle gefunden wurden, sind vermutlich getötet worden, als sie der Schießerei auf den Gefangenenhaufen zu entfliehen suchten.

132 Mann sind also ermordet worden. Die Todesursache der übrigen 21 Toten läßt sich nicht feststellen, eine Anzahl von ihnen wird im Kampfe gefallen sein. Damit ist die Zahl der Opfer noch nicht voll erfaßt.

Eine erhebliche Zahl der Toten trug zahlreiche Schußverletzungen. Eine weitere erhebliche Zahl hatte mehrfache Stiche mit dem Seitengewehr, bei denen deutlich zu sehen war, daß das Seitengewehr in der Wunde herumgedreht worden war. Ein großer Teil hatte schwerste Zertrümmerungen des Gesichts und des Kopfes sowie Verletzungen an den Händen, die offenbar von Kolbenschlägen und Spatenhieben herrührten. Einigen war der Sowjetstern auf die Brust gebrannt, womit, war nicht festzustellen. Einem waren die Geschlechtsteile abgeschnitten. Einige Tote erweckten den Eindruck, daß ihnen Handgranaten an die Arme gebunden und zur Entzündung gebracht worden sind.

Deutsche Ausrüstungs- und Bekleidungsstücke wurden z.T. gefunden. Es ist anzunehmen, daß es den Russen beim Rückzug an der Zeit gefehlt hat, sie mitzunehmen.

Da mehrere Angehörige des II./IR 35 (mot.) vermißt blieben, fand nach Abgang obiger Meldung eine weitere Suche statt. Dabei wurde noch eine Gruppe von 12 Toten dicht beieinander weiter abseits der Straße liegend entdeckt. Die Gesamtzahl der Gemeuchelten erhöhte sich damit auf 165.

Broniki versetzte uns in eine neue Dimension des Krieges. Erst jetzt hatten wir das Tor zum eigentlichen Krieg, zum Krieg in seiner ernstesten, grausamsten Form durchschritten, spürten wir das volle Ausgesetztsein. Alles andere, die Westwallzeit, der Frankreichfeldzug, verblaßte zum Vorspiel. Niemand blieb, vor den bleich daliegenden Gestalten unserer toten Kameraden in den zertrampelten Kornfeldern von Broniki ohne Tränen. Manches zerbrach in uns. Wurden wir also schwachmütig? - Das Gegenteil! - Wir wappneten uns mit etlichen Panzern um das Herz, banden den Helm fester, schworen uns, nie ohne letzte Patrone zu bleiben!“

Im deutsch besetzten Broniki wurde 1941 unterhalb der Kirche ein Soldatenfriedhof für die getöteten Soldaten errichtet, der 1944 nach der Rückeroberung durch die Rote Armee eliminiert wurde, indem die Grabkreuze entfernt wurden.

Nach der Unabhängigkeit der Ukraine 1991 engagierte sich ein Überlebender der Ereignisse vom Juli 1941, in Broniki die Erinnerung an seine toten Kameraden wieder zu erwecken. Auf den Grabstätten wurden nun einfache Betonkreuze aufgestellt. Eine Tafel verzeichnet die Namen der hier bestatteten Toten.





Im Sommer 2010 wurde die Anlage in einem Projekt des „Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“ von Soldaten der Bundeswehr und ukrainischen Soldaten saniert. Die Teilnehmer arbeiteten kostenlos und haben dafür ihren Urlaub genutzt.




In der Panzerschlacht bei Dubno – Luzk – Brody – Rivne war es der sowjetischen Armee zwar gelungen, den deutschen Vormarsch auf Kiev bis Ende Juni aufzuhalten, damit die Verteidigung von Kiev vorbereitet werden konnte, aber die Verluste auf sowjetischer Seite waren dramatisch. Am 9. Juli 1941 meldete das Oberkommando der Deutschen Wehrmacht 328.898 Gefangene, 3.102 erbeutete Geschütze und 3.332 zerstörte Panzer. Die gefallenen Sowjetsoldaten blieben auf den Schlachtfeldern zurück. Und als sich 1944 die Deutsche Wehrmacht, von der Roten Armee geschlagen, immer weiter nach Westen zurückziehen musste, blieben ihre gefallenen Soldaten häufig ebenfalls unbeerdigt auf den Schlachtfeldern liegen.

Anwohner, die im Gelände tote Soldaten fanden, waren verpflichtet, diese zu bestatten. Das ging im Allgemeinen so vor sich, dass die Leichen in verlassene Schützengräben und -löcher geworfen und notdürftig mit Erde bedeckt wurden. Es waren vor allem Kinder und Jugendliche, die während dieser Zeit noch die Möglichkeit hatten, durch Felder und Wälder zu streifen und dabei die grausigen Funde machten. Die Aktion geriet insofern zum freiwilligen Abenteuer, als die Finder selbstverständlich alle verwertbaren Gegenstände, die sie bei den Toten fanden, an sich nahmen.

Vasyl aus Brody erzählte, dass sein Onkel zu dieser Zeit etwa 15 Jahre alt gewesen sei und es im Kreise seiner Freunde zum Wettbewerb geworden wäre, Erkennungsmarken toter Soldaten zu sammeln. Der Onkel habe sehr viele davon besessen, sie aber versteckt, weil das verboten gewesen sei. Später habe er das Versteck vergessen. Vor Jahren sei der Onkel verstorben.




In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts fand im Raum Brody eine Aktion von Lenin-Pionieren und Komsomolzen statt, bei der die Gebeine gefallener Soldaten aus dem Gelände der Umgebung geborgen und in einer gemeinsamen Grabstätte beigesetzt werden sollten. Man habe am höher wachsenden und dunkleren Gras erkennen können, wo vor Jahrzehnten Tote begraben wurden. Aber es war nicht mehr erkennbar, in welcher Armee sie gedient hatten. Niemand weiß, wessen Überreste in dem Ehrengrab für gefallene Sowjetsoldaten wirklich liegen.

Links neben dem Denkmal befindet sich eine Grabstätte getöteter sowjetischer Partisanen.




Die St. Gregorij-Kirche in Dubno wurde am Ende des 18. Jahrhunderts als Garnisonskirche erbaut. Auf ihrem Grundstück befinden sich die Überreste zahlreicher sowjetischer und deutscher Soldaten aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges, deren genaue Liegeplätze heute niemand mehr kennt.



Nach dem Ende des Krieges wurde an der Straße von Dubno nach Tarakaniv ein Denkmal errichtet, das an die Panzerschlacht erinnert, die vom 23. bis 29. Juni 1941 im Raum zwischen Rowno (Rivne), Dubno, Brody und Luzk (Lutsk) stattgefunden hat.

Der Panzer auf dem Denkmal wurde Jahrzehnte nach Kriegende aus dem Moor geborgen, erhielt einen neuen Motor und konnte aus eigener Kraft auf den Sockel fahren.






In Dubno wurde ein Fliegerdenkmal zu Ehren der sowjetischen Militärflieger im Zweiten Weltkrieg errichtet. Es erinnert an einen Piloten vom Luftwaffenstützpunkt Dubno, der im Sommer 1941 in der Luft abgeschossen wurde und im Absturz einen deutschen Flieger rammte und zerstörte. Der sowjetische Pilot überlebte den Absturz. Am Denkmal steht der Name „Iwanow, Iwan Iwanowitsch“ als Synonym für alle Soldaten der Roten Armee, die zum Sieg über Nazideutschland beigetragen haben.

Heute ist das Denkmal einsturzgefährdet. Aber die Stadt hat weder Geld für eine Sanierung noch für den Abriss.






Am 1. September 1941 wurde in den von der Deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten der heutigen Ukraine das „Reichskommissariat Ukraine“ gegründet. Es grenzte im Westen an das Generalgouvernement, das am 1. August 1941 um den „Distrikt Galizien“ erweitert worden war und im Projektraum nun bis nach Brody reichte. Das historische Galizien war also Teil des Generalgouvernements, Wolhynien gehörte zum Reichskommissariat. Im Osten bildete zunächst der Fluss Slutsch die Grenze. Mit den Erfolgen der Deutschen Wehrmacht wurde in den darauf folgenden Monaten das Reichskommissariat nach Osten hin mehrmals erweitert.

Der damalige „Reichsverteidigungskommissar für Ostpreußen“ Erich Koch übernahm die Funktionen eines Reichskommissars für die Ukraine. Damit reichte sein Herrschaftsbereich im September 1942 von Königsberg bis zum Schwarzen Meer und auf die Ostseite des Dnjepr. Es umfasste deutsches, polnisches und ukrainisches Gebiet. Koch wurde 1958 in Warschau als Kriegsverbrecher zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde jedoch ein Jahr später in lebenslange Haft umgewandelt. Er starb 1986 im Alter von 90 Jahren in einem polnischen Staatsgefängnis.


Am 28. Juni 1941 wurde Rivne von der Deutschen Wehrmacht besetzt. Die Stadt wurde Sitz der Verwaltung des Reichskommissariats Ukraine. Diese wurde im Gebäude des Lyzeums eingerichtet.
(Abb: historische Ansichtspostkarte vom Anfang der 1940er Jahre.)




Das Gebäude beherbergt heute das Museum für Regionalgeschichte. Im ehemaligen Arbeitszimmer des Reichskommissars ist die Ikonensammlung des Museums untergebracht.



Nebenan hat der Bunker des Reichskommissars die Zerstörungen des Krieges überdauert. Er war durch unterirdische Gänge mit dem Amtssitz und dem Wohnhaus Kochs verbunden.

Das Bauwerk befindet sich heute im Besitz der Stadt, wurde aber kürzlich (2010) an einen privaten Interessenten verpachtet. Die geplante Nutzung ist nicht bekannt.






Im Freigelände des Museums ist heute sowjetisches Kriegsgerät aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges ausgestellt.





Im September 1941 befahl Hitler im Unterschied zu den ursprünglichen Plänen, vor dem Stoß auf Moskau die gesamte Ukraine zu erobern. Am 26. September endete die Schlacht um Kiew (Kiev), die größte Kesselschlacht in der Geschichte der Menschheit, mit einem Sieg der Wehrmacht; über 660.000 Rotarmisten gingen in deutsche Kriegsgefangenschaft. Bis zu diesem Zeitpunkt stellte der Feldzug für die Sowjetunion eine Niederlage von einmaligem Umfang dar: Die Truppen der sowjetischen Südwestfront mit vier Armeen sowie starke Teile von zwei weiteren Armeen waren vernichtet, und der Zusammenhang der sowjetischen Front war in einer Breite von über 400 km zerrissen.

In den nunmehr von der Deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten wurde auch in der Ukraine umgehend jenes Terrorsystem errichtet, mit dem das nationalsozialistische Deutschland langfristig seinen Herrschaftsanspruch sichern wollte.


Die Karte zeigt die Orte, an denen im heutigen Rivnensker Oblast zur Zeit der deutschen Besatzung Konzentrationslager eingerichtet wurden.



In Rivne erinnert eine Gedenkstätte an 82.000 Sowjetbürger, meist Zivilisten, die zwischen 1941 und 1944 in den fünf Konzentrationslagern in der Stadt Rivne ums Leben gekommen sind. Ihre Überreste befinden sich nicht nur unter dem Denkmal, sondern auf einem dahinter liegenden großen Areal, das heute als Gewerbegebiet genutzt wird. Bei Bauarbeiten kommt es häufig zu weiteren Knochenfunden.
Das Denkmal wurde 1968 errichtet.






Ebenfalls in Rivne sind 19.000 sowjetische Kriegsgefangene bestattet, die 1942 von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Das Denkmal wurde 1967 errichtet und 1985 rekonstruiert. Es trägt die Inschrift: „Ewige Ruhe jedem, der sein Leben gelassen hat für unser heutiges Leben und Glück.“ (Bild oben: Erschießung sowjetischer Kriegsgefangener durch einen Deutschen. Das Foto wurde in der Geldbörse eines deutschen Kriegsgefangenen 1943 in Kiev gefunden.)





Unmittelbar nach Kriegsbeginn errichtete die Deutsche Wehrmacht 1941 in Wolodymyr- Wolhynskij das KZ “Nord Offlag 365” (Offlag: Abkürzung für "Offizierslager"), in dem von 1941 bis 1943 sowjetische Offiziere gefangen gehalten und ermordet wurden. Die Hauptgebäude des KZ wurden während des Ersten Weltkrieges von den Soldaten des Zarenreiches als Kasernen errichtet, wurden dann Teil des Konzentrationslagers unter den Deutschen und nach dem Krieg als sowjetische Kasernen für Ingenieure an den Raketenstationen gegen die USA genutzt.
Heute stehen die Gebäude teilweise leer, in einigen Häusern ist eine medizinische Berufsschule untergebracht, andere werden privat genutzt.






Die Gedenkstätte für die Opfer des ehemaligen KZ befindet sich einige Meter entfernt auf dem damaligen Hinrichtungsplatz. Sie wird von zwei Skulpturen umsäumt – dem „Gefangenen“ und der „Mutter“.





1960 wurden alle sterblichen Überreste der ermordeten Offiziere in die Grabanlage des Memorials überführt.



Auf dem städtischen Friedhof erinnert ein Denkmal an die im „Nord Offlag 365“ ermordeten sowjetischen Offiziere.



In Dubno diente während der Zeit der deutschen Besatzung das ehemalige Stadttor als Gefängnis.



In der Stadt gibt es sechs Plätze, an denen die deutschen Besatzer Geiseln erschossen haben. Das waren „Vergeltungsmaßnahmen“ an der Zivilbevölkerung für Partisanenaktionen, die aus den Wäldern zwischen Rowno (Rivne) und Dubno heraus Züge mit Waffennachschub für die Wehrmacht überfallen haben.



Auf diesem Gelände in Novohrad-Wolhynskyij ruhen die Überreste von etwa 30.000 sowjetischen Kriegsgefangenen, die von 1941 bis 1943 in dem benachbarten KZ (Bild unten) ermordet wurden. Dem Lager war eine medizinische Versuchsanstalt für deutsche Studenten und junge Ärzte angeschlossen, die an den gesunden Körpern der Gefangenen Amputationen und andere chirurgische Eingriffe ausführten, was für die Betroffenen meist mit dem Tode endete. Die Leichen wurden an verschiedenen Stellen auf dem Lagergelände vergraben 1995 wurde ein neues Mahnmal errichtet. Die ehemalige Versuchsanstalt wird heute als medizinische Fachschule genutzt.







Ehemaliges Gefängnis in Novohrad-Wolhynskij. Das Bauwerk wurde um 1850 als Gefängnis im Auftrag des russischen Zarenreiches errichtet. Es war für 150 bis 200 Häftlinge vorgesehen und enthielt auch eine Schule für Analphabeten, eine Kirche und eine Arztpraxis. Von 1920 bis 1941 waren hier neben Kriminellen auch Gefangene des NKWD inhaftiert. Erschießungen fanden aber nicht hier, sondern in Zhytomyr statt. Dort befinden sich auch Massengräber mit Opfern des NKWD. Nach dem Einzug der Deutschen Wehrmacht 1941 wurde das Gefängnis von der SS vor allem für die Inhaftierung von Geiseln und Partisanen genutzt. Fast täglich fanden Erschießungen statt. In unmittelbarer Nähe befinden sich mehrere Massengräber mit ermordeten Opfern des nationalsozialistischen Terrors.
Nach 1944 waren hier Einrichtungen der Sowjetarmee untergebracht. Seit 1995 steht das Gebäude leer. Es ist heute dem Verfall preisgegeben.




Unmittelbar neben dem Gefängnis in Novohrad-Wolhynskij befindet sich ein Massengrab mit toten Geiseln und Partisanen, die zwischen 1941 und 1944 von der SS hier ermordet wurden.
Ein Gedenkstein erinnert heute an diese Ereignisse.




An vielen Orten findet man Grabstätten und Denkmäler, die an Partisanen erinnern, die auf Seiten der Roten Armee gegen die deutsche Besatzung gekämpft haben.

Auf dem Dubenskyj-Friedhof in Rivne steht ein Denkmal für Nikolai Kusnitzow, einen ukrainischen Partisanen, der in der Stadt Rivne gegen die deutsche Okkupation gekämpft hat. Kusnitzow sprach perfektes Deutsch ohne Akzent und konnte sich so, als deutscher Offizier getarnt, in den Hauptstab von Erich Koch, den deutschen Reichskommissar für die Ukraine, einschleusen.

Er verübte 4 Anschlagsversuche auf Koch, wovon jedoch keiner glückte. Kusnitzow verschwand noch während des letzten Kriegsjahres spurlos und wird heute von der Bevölkerung sehr unterschiedlich bewertet und sowohl als Held, als auch als Terrorist verstanden. Spekulationen über seinen Verbleib reichen von einem Leben unter falschem Namen in Deutschland bis zu seiner Ermordung durch UPA-Partisanen in den Wäldern des Rivnensker Gebietes.

Das Denkmal stand bis 1991 vor dem Rathaus der Stadt und wurde nach der Unabhängigkeit der Ukraine an seinen jetzigen Ort versetzt.




Der Gedenkstein steht auf dem Grab von Ljubow Dosortsewa, einer jungen ukrainischen Partisanin, die etwa 18 Jahre alt war, als sie im Zweiten Weltkrieg gegen die deutsche Okkupation gekämpft hat. Sie hat u.a. ihr Haus als Treffpunkt für die Partisanentruppen, die sich kurz nach der deutschen Besatzung organisierten, zur Verfügung gestellt und Nikolai Kusnitzow dort Unterschlupf gewährt.

Ljubow Dosortsewa ist 1969 im Alter von 43 Jahren verstorben und Ehrenbürgerin der Stadt Rivne.




Marfi Strutinskyj, Semen Elenzyju und Sigismund Kotyjewskom waren im Großen Vaterländischen Krieg drei sowjetische Partisanen, die 1943 nach Erledigung eines Auftrages in einen Hinterhalt der deutschen Besatzer gerieten und ermordet wurden. Das Grabdenkmal wurde 1963 errichtet.



Die Geradlinigkeit, mit der die Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges in sowjetischer Zeit dargestellt wurde, ist mit der Auflösung der UdSSR und der Unabhängigkeit der Ukraine aufgebrochen. In zahlreichen Denkmälern wurde früher ein Bild des einmütigen kollektiven Kampfes der Völker der Sowjetunion gegen die faschistische Okkupation entworfen. Es sollte das Gefühl der Einheit und Geschlossenheit, der Stärke und Unbesiegbarkeit der sozialistischen Gesellschaft vermitteln. Zahlreiche Kultstätten wurden errichtet, an denen öffentliche Kranzniederlegungen, Kundgebungen oder Weiherituale zelebriert werden konnten. Mehrere dieser Monumente wurden – insbesondere in Polen – in den letzten 20 Jahren beseitigt, einige wurden einfach umgedeutet, andere stehen heute verloren und vergessen im Raum und wieder andere erinnern in ungebrochen heroischer Geste an das Kriegsgeschehen, insbesondere wenn es mit örtlichen Ereignissen verbunden war.

Der Obelisk für den Sieg der Sowjetunion über den Nationalsozialismus, der auf dem zentralen Platz der Stadt Wolodymyr-Wolhynskij steht, wurde 1964 zum 20. Jahrestag der Befreiung errichtet. Das Denkmal wurde 1984 zum 40. Jahrestag um zwei flankierende Monumente erweitert.




Auch zu anderen Jubiläen des Tages der Befreiung wurden in den gleichen Städten neue Denkmäler errichtet. Der sowjetische Panzer T-34 ist das zentrale Element dieses Denkmals in Wolodymyr-Wolhynskij. Es ehrt besonders die Panzerfahrer des Großen Vaterländischen Krieges.



Das Denkmal am Eingang zum Dubenskij-Friedhof in Rivne ist den sowjetischen Soldaten und Partisanen gewidmet, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben verloren haben. Die meisten von ihnen sind bei der Befreiung der Stadt im Winter 1944 gefallen. Das Denkmal wurde 1975 errichtet.





Ebenfalls in Rivne wurde 1984 eine monumentale Anlage zur Erinnerung an den Großen Vaterländischen Krieg anlässlich des 40. Jahrestages der Befreiung der Stadt von der deutschen Besatzung errichtet. Die bronzenen Inschriften und das sternförmige Gefäß für die Ewige Flamme wurden nach 1990 gestohlen und nicht mehr ersetzt. Das Denkmal ist umgeben von einer Sammlung Kriegsgerät, das meist öffentlich betreten werden kann und heute vor allem als Partytreff und Abenteuerspielplatz genutzt wird.





In Sitne, einem kleinen Ort zwischen Dubno und Brody wurde das Heldendenkmal, auf dem die Namen der gefallenen Rotarmisten verzeichnet sind, die aus dem Ort und den umliegenden Dörfern stammten, vor einigen Jahren in den ukrainischen Nationalfarben angemalt und damit quasi „entsowjetisiert“.

In den ostgalizischen Städten Brody, Lviv und Horodok haben wir keine Denkmäler mehr gefunden, die in verallgemeinerter Form an den Sieg der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg erinnern.




Hier und da findet man an diesen Denkmälern auch noch die Hohheitszeichen der Sowjetunion. In Derman, einem Dorf östlich von Dubno erinnert ein Denkmal an die 30 Bauern des Ortes, die „ihr Leben für die Unabhängigkeit des sowjetischen Vaterlandes gegeben haben“. Oben links ist ein bronzener Sowjetstern mit Hammer und Sichel erhalten, der von zahlreichen anderen Gedenkstätten in der Westukraine mittlerweile entfernt wurde.



Mit den Niederlagen, welche die Rote Armee in den Jahren 1941/42 erlitten hatte, war auch verbunden, dass es auf sowjetischer Seite massenhaft Überläufer gab, die sich freiwillig in deutsche Kriegsgefangenschaft begaben. Insbesondere für Soldaten, die aus der Westukraine stammten, gab es dafür mehrere Gründe. Historiker aus Dubno haben z.B. berichtet, dass 1941 viele junge Westukrainer durch Zwangsrekrutierungen in die Rote Armee gepresst worden seien. Der NKWD habe die Männer zunächst ins Gefängnis gebracht. Wer Dokumente vorweisen konnte, sei eingezogen worden, wer keine hatte, sei an Ort und Stelle erschossen worden.

Hinzu kam, dass in der Zeit der Zugehörigkeit der Westukraine zur Republik Polen viele, auch ukrainische, Familien kleine Geschäfte oder Werkstätten besessen hätten, die nach dem Einmarsch der Roten Armee enteignet worden wären. Die gleichzeitige Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, Verhaftungen und Massendeportationen von Menschen, die im Kriegsfalle als unzuverlässig betrachtet wurden, haben ein erhebliches Protestpotenzial gegen die Sowjetherrschaft gefördert. Um dieses unwirksam zu machen, wurden Soldaten aus der Westukraine, wenn deren Eltern im Verdacht standen, Nationalisten zu sein, in die blutigsten Schlachten geschickt und im Überlebensfall anschließend nach Sibirien deportiert. Falls Überläufer vom NKWD gefasst wurden, erwartete sie die Todesstrafe.

Ein anderes Motiv zum Überlaufen war die Hoffnung der Soldaten, dadurch dem Schicksal zu entgehen, das nach den Verordnungen der Obersten Heeresleitung der Deutschen Wehrmacht sowjetische Kriegsgefangene erwartete. Es waren also wohl hauptsächlich antisowjetische Einstellungen und einfache Überlebensinteressen, die Soldaten der Roten Armee zur Desertion bewogen haben.



Die deutsche Reichsführung hat sich dieses Potenzial umgehend zu Nutze gemacht und bildete bereits 1940 aus entlassenen Kriegsgefangenen, die in der polnischen Armee gedient hatten, aber ukrainischer Herkunft waren, zwei Bataillone: „Nachtigall“ und „Roland“, die sich von Anfang an am Krieg gegen die Sowjetunion beteiligten.
Im Frühjahr 1942 begann in der Ukraine die Aufstellung geschlossener mobiler Formationen der Hilfspolizei. Sie bestanden ebenfalls zumeist aus entlassenen ukrainischen Kriegsgefangenen. Die Hilfspolizei trat in unterschiedlichen Formen auf: Im Generalgouvernement, Distrikt Galizien, als „ukrainische Hilfspolizei“ unter einem zentralen Kommando, im Reichskommissariat Ukraine und einigen Gebieten weiter östlich als „Schutzmannschaft“, die der Ordnungspolizei unterstellt war. In der Nachkriegsliteratur werden diese Gruppierungen in ihren Handlungen häufig als besonders brutal und grausam beschrieben.

General Karl Kitzinger war zwischen 1941 und 1942 Wehrmachtbefehlshaber im Reichskommissariat Ukraine und wurde – wie hier in Rivne – bei öffentlichen Auftritten von Einheimischen oft freundlich und mit Zustimmung begrüßt.



Deutsche Offiziere und ukrainische Schutzmannschaften in Rivne



Einen wesentlichen Einfluss auf das deutsch-ukrainische Verhältnis im Distrikt Galizien des Generalgouvernements und im Westen des Reichskommissariats Ukraine hatte die Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN). Auf einem Kongress in Krakau hatte sie sich 1940 in zwei rivalisierende Flügel gespalten: Eine Gruppe um den bisherigen Vorsitzenden Andrij Melnyk (OUN-M) und eine Gruppe um Stepan Bandera (OUN-B). Bandera hatte in der Zwischenkriegszeit Erfahrungen im Untergrundkampf gegen den polnischen Staat gesammelt. 1934 wurde er in Polen zum Tode verurteilt, weil man ihm eine Beteiligung an der Ermordung des polnischen Innenministers Bronisław Pieracki vorwarf. Diese Strafe wurde in lebenslange Haft umgewandelt. Nach dem Einmarsch der Deutschen wurde er 1939 – wie andere politische Gefangene – aus der Haft entlassen. Die OUN-B strebte auf schnellstem Wege die Wiederrichtung eines ukrainischen Staates an und sah in Deutschland ihren Verbündeten, weil beide die gleichen Gegner hätten: Polen, Juden und die Sowjetunion.
Polen, weil sie die Ukrainer unterdrückt, den westukrainischen Staat erobert und die Westukraine gewaltsam polonisiert hätten, Juden, weil sie mit den Polen kollaboriert hätten und die Hintermänner des „jüdischen Bolschewismus“ seien, und allen voran die Bolschewiki, die seit der Oktoberrevolution die ukrainische Nationalidee blutig bekämpft hätten.
Die OUN-B bildete vom besetzten Polen aus eigene „Marschgruppen“ (pochidni hrupy OUN), die beim deutschen Überfall auf die Sowjetunion mit der Wehrmacht in das sowjetisch besetzte Ostgalizien einzogen und die Grundlage für die Verwaltung einer selbständigen Ukraine legen sollten.

Am 30. Juni 1941 proklamierte die OUN-B in Lemberg (Lviv) die Wiederherstellung eines unabhängigen ukrainischen Staates, als Präsident wurde Jaroslaw Stezko ausgerufen. Während die Wehrmacht die Aktivitäten der OUN-B zunächst tolerierte, wurden Jaroslaw Stezko und Stepan Bandera eine Woche später von der SS verhaftet und im September 1941 als „Schutzhäftlinge“ in das KZ Sachsenhausen gebracht. Ein eigenständiger ukrainischer Staat passte nicht in das Konzept der deutschen Reichsführung. Im Generalgouvernement hatte die deutsche Besatzungsmacht als Vertretung der Ukrainer stattdessen einen „Ukrainischen Hauptausschuss“ ins Leben gerufen, an dem die OUN nicht beteiligt wurde.

Im Museum in Brody ist ein Plakat erhalten, auf dem die Ausrufung des ukrainischen Staates durch Stepan Bandera der Bevölkerung mitgeteilt wird.




Am 25. September 1944 wurde Stepan Bandera aus der Haft entlassen und tauchte in Deutschland unter. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges begann seine Flucht vor der sowjetischen Geheimpolizei, da er in der Sowjetunion wegen seiner antisowjetischen Aktivitäten in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden war. Sowjetische Agenten fanden ihn jedoch in München und erschossen ihn auf offener Straße am 15. Oktober 1959.

In der unabhängigen Ukraine ist Bandera heute heftig umstritten. Einerseits wird er als unbeugsamer Kämpfer für einen ukrainischen Nationalstaat gesehen, andererseits wird er als Separatist, Kollaborateur mit Nazideutschland und verantwortlich für zahlreiche Verbrechen, vor allem an Juden und der polnischen Zivilbevölkerung, verurteilt.

Im Jahre 2007 wurde in Lviv ein repräsentatives Bandera-Denkmal eingeweiht. Im Januar 2010 wurde ihm durch einen Erlass des damaligen Präsidenten Viktor Juschtschenko der Titel „Held der Ukraine“ verliehen, was zu zahlreichen internationalen Protesten führte. U.a. hat das Europäische Parlament im Februar 2010 vom neuen ukrainischen Präsidenten Janukowytsch die Aberkennung des Titels gefordert, weil Bandera mit dem nationalsozialistischen Deutschland kooperiert habe. Inzwischen hat ein ukrainisches Gericht den Präsidentenerlass Juschtschenkos aufgehoben. Daraufhin haben mehrere Städte der Westukraine Bandera zu ihrem Ehrenbürger ernannt.






Trotz des raschen deutschen Vormarsches hatten die Sowjets 1941 einen Großteil ihrer Rüstungsbetriebe in den Ural und nach Sibirien in Sicherheit verlagern können. Zudem gelang es Stalin durch Formierung einer alliierten Koalition, erhebliche materielle Unterstützung aus Großbritannien und den USA zu erhalten. Demgegenüber verfügte die Wehrmacht trotz gesteigerter Kriegsproduktion über keine nennenswerten materiellen und personellen Reserven. Mit der erfolgreichen Offensive frisch herangeführter sowjetischer Verbände aus dem Osten der Sowjetunion, die für einen Winterkrieg bestens ausgerüstet waren, begann in der Winterschlacht 1941/42 der Rückzug der Wehrmacht nach Westen.

Zwar erreichte die deutsche Machtausdehnung nach der Eroberung von Sewastopol und der Sommeroffensive der Heeresgruppe Süd im Spätsommer 1942 ihren Höhepunkt. Der Vorstoß in den Kaukasus und zum Don führte allerdings zu einer Überforderung der deutschen Truppen und schließlich zur Einschließung und Gefangennahme der 6. Armee im Kessel von Stalingrad.

Das Gesetz des Handelns war nach diesem entscheidenden Wendepunkt des Krieges im Osten endgültig auf die Rote Armee übergegangen. Der weitere Kriegsverlauf war von deutscher Seite aus von erbittert geführten Abwehrschlachten geprägt. Den Vormarsch der Sowjets konnten die zum Teil nur über die Hälfte ihrer ursprünglichen Kampfkraft verfügenden Verbände der Wehrmacht sowie die Divisionen der Waffen-SS nicht mehr aufhalten. Die Sommeroffensive von 1944 führte die Rote Armee bis Ende des Jahres an die deutsche Reichsgrenze.

Der Vormarsch der Sowjets führte jedoch auch in den Kämpfen des Jahres 1944 zu riesigen Opferzahlen in den Reihen der Roten Armee. Es konnte nicht das Ziel des Projektes sein, hier sämtliche Soldatengräber im Projektraum darzustellen. Es kam uns vielmehr darauf an, beispielhaft die Formen der Erinnerung an die im Kampf gefallenen Soldaten darzustellen und exemplarisch zu veranschaulichen. Mit der Abfolge der ausgewählten Beispiele folgen wir außerdem nicht dem tatsächlichen Frontverlauf. Wir haben uns bei der Darstellung der Gräber von Angehörigen der Roten Armee auf Soldatengräber in der ehemaligen Sowjetunion beschränkt und dabei festgestellt, dass die meisten Anlagen gut gepflegt und häufig mit Kränzen und Blumen geschmückt sind. Sowjetische Hohheitszeichen sind teilweise vorhanden, Skulpturen und Inschriften, die das Heldentum der Rotarmisten symbolisieren, wurden in einigen Fällen in den letzten Jahren entfernt.


Sowjetisches Plakat „Tod den deutschen Besatzern!“ (1942) Mit entschlossenem Blick scheint die Allegorie "Mutter Heimat" das Gewehr zur Verteidigung der Sowjetunion direkt an den Betrachter übergeben zu wollen. Den Farbenkontrast zwischen Rot und Schwarz verwendeten Plakatkünstler schon während des russischen Bürgerkrieges, um den Kampf des Guten gegen das Böse auch farblich herauszustellen. Für die Kampfmoral der Roten Armee spielten solche Propagandaplakate eine wichtige Rolle: Die Soldaten wussten, dass der Verteidigungskampf und die Rückeroberung der besetzten sowjetischen Gebiete hohe Verluste in den eigenen Reihen mit sich bringen würden.
(Bild und Text: © Deutsches Historisches Museum, Berlin)




Der sowjetische Soldatenfriedhof in Horodok wurde auf dem Gelände der Gräber gefallener Soldaten der k.u.k. Armee errichtet, die während des Ersten Weltkrieges hier bestattet wurden. Die Überreste der Toten aus dem Ersten Weltkrieg sollen sich noch unter den Gebeinen der gefallenen Sowjetsoldaten befinden. Auf dem Gräberfeld wurden bis 1950 auch tote Soldaten bestattet, die in den Nachkriegsjahren im Kampf gegen die UPA gefallen sind.





Vor dem Lytschakiv-Friedhof in Lviv befindet sich ein Massengrab sowjetischer Soldaten, die im Rahmen der Lviv-Sandomierz-Operation 1944 bei der Befreiung der Stadt von der deutschen Besatzung gefallen sind.





Im Projektraum war die größte Schlacht des Jahres 1944 die Lviv-Sandomierz-Operation. Sie begann am 13. Juli und endete am 29. August mit der Eroberung der westlichen Ukraine und der südöstlichen Gebiete Polens. Die Verluste der Deutschen und ihrer Verbündeten werden auf etwa 136.860 Mann veranschlagt, davon rund 55.000 Gefallene, Vermisste und Kriegsgefangene. Die sowjetischen Verluste betrugen 289.296 Soldaten (davon 65.001 Tote).

Bei Brody wurden acht deutsche Divisionen eingekesselt und zum Abend des 22. Juli fast vollständig aufgerieben. Nach sowjetischen Angaben fielen 30.000 deutsche Soldaten, 17.000 wurden gefangen genommen und 5.000 gelang die Flucht. Am 27. Juli nahmen die sowjetischen Truppen Lemberg (Lviv), Przemyśl im Westen und Stanislaw (Iwano-Frankiwsk) im Süden ein.

Auf dem Friedhof in Brody wurde ein Massengrab für sowjetische Soldaten angelegt, die in den Kämpfen von 1941 bis 1944 in der Umgebung der Stadt gefallen sind.




Während der Kämpfe im Sommer 1944 verlief die Frontlinie zwischen Radyviliv und Brody. In Radyviliv waren die sowjetischen, in Brody die deutschen Truppen stationiert. Insofern sind die Zahlen der bei Artillerieangriffen auf Radyvivliv gefallenen sowjetischen Soldaten besonders hoch. Es gibt mehrere Massengräber, in denen diese Toten bestattet wurden. Einige von ihnen enthalten auch die Gebeine gefallenen Sowjetsoldaten aus der Panzerschlacht im Jahre 1941.







1980 wurde in Radyviliv über weiteren Massengräbern eine repräsentative Gedenkstätte für die gefallenen Soldaten während der Lviv-Sandomierz-Operation errichtet. Hier wird auch vier Kriegstoter gedacht, die posthum als Helden der Sowjetunion ausgezeichnet wurden.







In einem Massengrab im Schewtschenko-Park in Rivne sind 62 sowjetische Offiziere, Unteroffiziere und Partisanen beerdigt, die bei den Befreiungskämpfen 1944 auf dem Boden der Stadt gefallen sind. Es wurde 1948 angelegt und ist mit einem Denkmal verbunden, das an die Opfer der gesamten Kriegszeit in der Ukraine zwischen 1941 und 1944 erinnert.



Die Heldenallee auf dem Dubenskyj-Friedhof in Rivne ehrt die Kämpfer, die zur Befreiung der Stadt am 2. Februar 1944 beigetragen haben. Es handelt sich nicht um Gefallene in den Kämpfen, sondern um überlebende Offiziere und Partisanen, die nach dem Krieg gestorben sind.



Rund um die Heldenallee befinden sich Massengräber der Partisanen und Soldaten, die am Tag der Befreiung der Stadt Rivne gefallen sind.



Außerdem befinden sich auf dem Dubenskyj-Friedhof in Rivne ein Massengrab und Einzelgräber von 500 sowjetischen Soldaten, die zwischen 1941 und 1944 an Kriegsfolgen gestorben sind.



In dieser Grabanlage auf dem Friedhof von Nowohrad-Wolhynskij sind etwa 800 sowjetische Soldaten bestattet. Die meisten von ihnen sind 1944 bei der Befreiung der Stadt von der deutschen Besatzung gefallen. Darunter befinden sich aber auch Soldaten, die nach Beendigung der Kampfhandlungen z.B. beim Räumen von Minen zu Tode kamen und weitere Opfer, die im Sowjetisch-Afghanischen-Krieg (1979 – 1989) gefallen sind.





Die deutschen Soldatengräber wurden nach dem Rückzug der Deutschen Wehrmacht unkenntlich gemacht oder beseitigt. Dieses Gelände in Nowohrad-Wolhynskij war bis 1860 städtischer Friedhof und anschließend Brachland. Während des Zweiten Weltkrieges legte die Deutsche Wehrmacht hier einen Soldatenfriedhof an, auf dem auch ukrainische Hilfspolizisten beerdigt wurden. Nach der Befreiung der Stadt durch die Rote Armee am 1. Januar 1944, bei der 850 Wehrmachtssoldaten ihr Leben verloren haben, wurden die Kreuze abgerissen, auf dem Gelände wurden Kartoffeln gepflanzt. Anfang der 1950er Jahre wurde an dieser Stelle ein Sportstadion gebaut. Die Überreste der hier bestatteten Soldaten und Polizisten wurden am Stadionrand unter den neu aufgeschütteten Hügeln vergraben.



In der Nähe von Wolodymyr-Wolhynskij wurde während des Zweiten Weltkrieges ein deutscher Soldatenfriedhof angelegt. Nach der Befreiung durch die Rote Armee wurden die Kreuze entfernt und das Gelände sich selbst überlassen. Es ist heute von einem Wald überwachsen.
Das Gräberfeld wurde bisher noch nicht untersucht.




In Horodok wurde auf einer Wiese neben dem städtischen Friedhof während des Zweiten Weltkrieges ein deutscher Soldatenfriedhof angelegt, auf dem alle Gefallenen zwischen 1941 und 1944 in Massengräbern bestattet wurden. Nach dem Ende des Krieges wurden die Kreuze entfernt. Das Gelände diente bis 1965 als Hubschrauberlandeplatz der Sowjetarmee.
Anschließend erfolgte hier die Erweiterung des städtischen Friedhofs. Die Überreste der ums Leben gekommenen deutschen Soldaten befinden sich noch unter den später angelegten zivilen Einzelgräbern.

Im Rahmen des Projektes wurde die Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. vom Vorhandensein dieser bisher offenbar unbekannten Begräbnisstätten informiert.




Auf dem Friedhof in Nowohrad-Wolhynskij sind 75 Kriegsgefangene aus Deutschland, Rumänien, Ungarn, Österreich und Frankreich bestattet, die auf Seiten der Wehrmacht gekämpft und nach Kriegsende im Gefangenenlager an Hunger oder Krankheiten gestorben sind. Es gab noch weitere solcher Grabstätten, z.B. für 500 Kriegsgefangene, die im Winter 1944 ums Leben kamen oder für 272 Tote, die bis zum März 1945 gestorben sind. Diese Gräber sind nicht mehr erhalten.



In Polen ist das Gedenken an gefallene Soldaten der Deutschen Wehrmacht in den letzten Jahren über die Einrichtung von Sammelfriedhöfen gewährleistet worden. Zwischen Deutschland und Polen wurde 1989 eine Vereinbarung getroffen, wonach sich beide Seiten verpflichten, den Ruhestätten der Opfer der Kriege und Gewaltherrschaft ein würdiges Gedenken zu bewahren und diese Stätten zu schützen. Danach entstehen in Polen zentrale Sammelfriedhöfe (Zubettungsfriedhöfe) für die deutschen Gefallenen des Zweiten Weltkrieges - insgesamt zehn Anlagen.

Im Projektraum ist Przemyśl in Ostpolen der erste Zubettungsfriedhof in Polen, der nach 1989 gebaut werden konnte. Auf dem ehemaligen Festungshügel der Stadt, nahe der ukrainischen Grenze, erhielt der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. ein Gelände von einem Hektar Größe zugewiesen.

Baubeginn war 1992. Der neue Friedhof ist in drei Terrassen unterteilt. Auf dem höchsten, dem nördlichen Teil, steht ein Hochkreuz aus Beton. Granitplatten tragen die Namen der hier Bestatteten. Die Flächen der Einzelgräber und von zwei Sammelgräbern sind mit Symbolkreuzgruppen gekennzeichnet. Nach Abschluss der Zubettungen werden hier etwa 6.000 im Zweiten Weltkrieg gefallene deutsche Soldaten ihre Ruhestätte haben. Die Einweihung fand am 7. Oktober 1995 statt.




Einen besonderen Platz in der Erinnerung an gefallene Soldaten des Zweiten Weltkrieges nimmt der Ehrenfriedhof für die Toten der 1. Division der Ukrainischen National-Armee (UNA) in der Nähe von Brody ein. Diese Division ist die Nachfolgerin der 14. Waffen-Grenadier-Division der SS „Galizien (Halytschyna)“

Sie war die größte, aus Ukrainern bestehende militärische Einheit, die auf Seiten der deutschen Besatzungsmacht kämpfte.

Das Werbeplakat aus dem Jahre 1943 trägt die Aufschrift „Geht in die Reihen der SS- Schützendivision Galizien für die Verteidigung eures Vaterlandes in Waffenbrüderschaft mit den besten Kämpfern der Welt“.
(Bild Quelle: www.division.cc)



Ab Juli 1943 wurden sieben Regimenter zu je 2.000 Mann aufgestellt. Die Ausbildung wurde 1944 abgeschlossen. Im Juni desselben Jahres wurde die Division der 1. Panzerarmee der Deutschen Wehrmacht unterstellt und geriet in den Kessel bei Brody. Etwa 7.000 Soldaten, welchen der Ausbruch aus dem Kessel nicht gelang, wurden vernichtet. Ein Teil von ihnen geriet in Gefangenschaft. Etwa 3.000 Mann konnten sich zu den deutschen Linien durchschlagen, etwa 1.000 zur UPA.

Die Division wurde in Waffen-Grenadier-Division der SS (galizische Nr.1) umbenannt, unter Hinzunahme aufgelöster galizischer Polizeiregimenter neu aufgestellt und am 28. September 1944 zur Bekämpfung des slowakischen Nationalaufstandes in die Gegend von Žilina verlegt. Der Biograph der Truppe, der deutsche Generalstabsoffizier W. D. Heike, beschrieb 1947 in seinem Buch "Die Geschichte der Ukrainischen Division", dass der Aufstand unter Führung sowjetischer Partisanen gestanden habe, welche bekämpft worden seien, dass hingegen zwischen den Soldaten und der einheimischen Bevölkerung „ein gutes Einvernehmen“ bestanden habe.

Mitte Januar 1945 waren die sowjetischen Armeen auf voller Frontbreite nach Westen vorgedrungen. Die Division wurde nach Slowenien verlegt, wo sie zum Kampf gegen Tito- Partisanen eingesetzt war. Die Kampfeinsätze der Division sind wegen Völkerrechtsverletzungen umstritten.

Im April 1945 wurde die Division als 1. Division der Ukrainischen National-Armee (UNA) neu formiert und dem ukrainischen Nationalkomitee unter der Leitung von Pawlo Schandruk unterstellt. Sie wurde nun auf die Ukraine vereidigt. Am 8. Mai 1945 ergab sie sich, die zu dieser Zeit in Österreich stand, britischen Truppen. Wegen ihres früheren Namenszusatzes „galizische“ wurde sie als „polnische Einheit“ nicht an die Sowjetunion ausgeliefert, sondern in Rimini interniert. Viele Kämpfer wanderten nach ihrer Entlassung nach Kanada, den USA und Australien aus.

50 Jahre lang waren die im Kessel von Brody Gefallenen der Division vergessen, ihre Überreste im Gelände verstreut. Nach der Unabhängigkeit der Ukraine begann die Suche nach den Gebeinen der Gefallenen. Aus Anlass des 50. Jahrestages der Gründung der 14. Waffen-Grenadier-Division der SS „Galizien“ wurden im Jahre 1993 auf Initiative der Bruderschaften der Veteranen der Division, die in der Ukraine und im Ausland bestehen, auf dem ehemaligen Schlachtfeld eine Gedenkstätte und ein Ehrenfriedhof errichtet. Geehrt werden sollen die Gefallenen nicht als Angehörige der Waffen-SS, sondern als Soldaten der später gegründeten Ukrainischen Nationalarmee, die auf dem Schlachtfeld bei Brody versucht haben, den Weg der Roten Armee, „die den Stalinismus nach Westeuropa bringen wollte“, zu versperren.
(Fotos des Ehrenfriedhofs für die 1. Division der Ukrainischen National-Armee: Vasyl Strilchuk)






Im ukrainischen Ehrenhain auf dem Lytschakiv-Friedhof in Lviv wurde eine Gedenkstätte für die Kämpfer der Ukrainischen Nationalarmee errichtet